Offiziell aus Bayern: „Kinderpornografie gar nicht so schlimm“

Wie bitte? Ja, auch ich musste mir verwundert die Augen reiben, als ich in den vergangenen Tagen eine Pressemeldung aus dem bayerischen Innenministerium gelesen habe. Dort ist man nämlich der Meinung, dass Kinderpornos in etwa auf der gleichen Stufe stehen wie bestimmte frei/legal erhältliche Unterhaltungsmedien für Erwachsene.

Immer noch nicht zu glauben? Hier steht es schwarz auf weiß:

Killerspiele widersprechen dem Wertekonsens unserer auf einem friedlichen Miteinander beruhenden Gesellschaft und gehören geächtet. In ihren schädlichen Auswirkungen stehen sie auf einer Stufe mit Drogen und Kinderpornografie, deren Verbot zurecht niemand in Frage stellt.

Ja, und das meint der Innenminister Joachim Herrmann (CSU, was sonst) ernst!

Eine besondere Stilblüte in dem Zusammenhang: Actionspiele, neudeutsch „Killerspiele“, neuestdeutsch: „Tötungstrainingssoftware“ hält man für widersprüchlich mit dem Wertekonsens, aber Tötungstraining (Bundeswehr) ganz offensichtlich nicht. Was schließt man daraus? Es ist die Softwarekomponente, die das ganze so böse macht.

Bayern vor der Wahl: Kriminalität und Bananenrepublik

Bereits vor ein paar Tagen gab es bei fefe folgendes zu lesen:

Verbreitet diese Meldung mal schön weiter, möglichst weiträumig und noch vor der Wahl.

Was war passiert?
Nun. Die CSU-„Junta“ in Bayern verstieß Ermittlungen zufolge gegen die Verfassung, man ließ nämlich den sog. „Bayern-Trojaner“ entwickeln, und hat ihn Anfang des Jahres sogar eingesetzt. Ohne, dass es dafür eine gesetzliche Grundlage gegeben hätte.

Das hatten einige Leute von der Opposition, genauer der Piratenpartei, herausbekommen. Und was tut eine undemokratische Junta, wenn ihr jemand ans Bein pinkelt? Richtig, man fährt die komplette Maschinerie staatlicher Repression auf. Schließlich darf es ja nicht sein, dass man der aktuellen Regierung bzw. der Polizei ein Verbrechen nachweist.

eine kriminelle Vereinigung kann es zulassen, dass jemand über ihre Machenschaften auspackt. So mußte auch Becksteins Junta etwas tun, als die Piratenpartei Belege veröffentlichte, dass die CSU den Bayerntrojaner ohne gesetzliche Grundlage eingesetzt hat. Nun war das im Januar, aber mit der Effizienz der italienischen Mafia kann die Beckstein-Mafia halt nicht mithalten, und so hat es bis jetzt gedauert, bis sie ihre Knochenbrecher losgeschickt haben: Hausdurchsuchung bei Presseprecher der Piratenpartei Bayerns, passenderweise am 11. September. Immerhin ist ja bald Bayernwahl.

Sehr interessant finde ich die Schlußfolgerungen von Udo Vetter, bekannt als Rechtsanwalt und Lawblogger:

„Die bayerischen Behörden haben ohne jede gesetzliche Grundlage an einem Trojaner gearbeitet und versuchen jetzt, die Kritiker mundtot zu machen“, sagte Strafrechtler Udo Vetter der FR. Die Durchsuchung sei ein höchst fragwürdiges Mittel, um die undichte Stelle in der Behörde zu finden. „Die Strafjustiz wird instrumentalisiert, um unbequeme Behördenmitarbeiter einzuschüchtern, die auf Missstände hinweisen.“
Skandalös sei das Vorgehen der Polizei auch deshalb, weil der Pressesprecher laut Durchsuchungsbeschluss lediglich als „unbeteiligter Dritter“, also als Zeuge eingestuft werde, sagte Vetter. Dennoch seien am vergangenen Freitag gegen 5.45 Uhr „überfallartig“ mehrere Beamte an Hunderlachs Privatwohnung aufgetaucht und hätten gedroht, alle Zimmer des selbstständigen Computerexperten auszuräumen, wenn er seine Quellen nicht nenne. „Das löst Existenzängste aus“, sagt Vetter. „Das war völlig unverhältnismäßig.“

Frankfurter Rundschau

und weiter:

Besonders fragwürdig ist nach Einschätzung des Düsseldorfer „Lawbloggers“ Udo Vetter, dass der Pressesprecher der Piratenpartei laut Durchsuchungsbeschluss lediglich als „unbeteiligter Dritter“, also als Zeuge eingestuft werde. Auch die journalistische Tätigkeit von Hunderlach sorgt für Unmut – immerhin hat das Bundesverfassungsrecht im Rahmen des „Cicero“-Urteils deutlich gemacht, dass staatliche Stellen das journalistische Recht auf Informantenschutz zu achten haben und grundsätzlich nicht gegen Journalisten vorgehen dürfen, in dem sie diesen eine Mittäterschaft oder Beihilfe zum Geheimnisverrat unterstellen.

SPIEGEL Online
Da ist also ein ganz dickes Ding am Laufen. Selbstverfreilich ist in vielen Medien davon nichts zu hören, sehen oder lesen. Und selbstverständlich ermittelt die Staatsanwaltschaft nur gegen die Leute, die den Skandal öffentlich machen, und nicht gegen diejenigen, die das zu verantworten haben.
Cicero lässt grüßen.

Quellen:
blog.fefe.de
netzpolitik.org
Frankfurter Rundschau
heise Newsticker
golem.de
SPIEGEL Online
Piratenpartei Bayern