Nazivergleiche in der Beschneidungsverbotsdebatte

Replik auf Armin Willburger:

Ja, wer wie der Twitter-User @Wer_Ich_Bin in einer Debatte um Beschneidung Menschenrechtler mit Nazis gleichsetzt, und ein Beschneidungsverbot mit der systematischen Vergasung der europäischen Juden, in die Nähe von Adolf Hitler stellt, der provoziert. Und er provoziert unnötig.
Ich bin kein Mensch, der sich jede Provokation gefallen lässt, auch für mich ist irgendwann Schluss. Gerade beim Holocaust, gerade bei den Verbrechen der nationalsozialistischen Diktatur.

Wer mich kennt, der weiß dass ich nicht schnell laut werde. Aber wenn, dann um so heftiger.
Ich sage nicht, dass der Vergleich vernünftig war, das war er ganz offensichtlich nicht. Er war eine Provokation, und als solche war er ausschließlich an @Wer_Ich_Bin gerichtet.

Über den Gesprächsverlauf können auch @Boomel @Foreskin_Man und @Lhpysg befragt werden, sie haben ihn mitbekommen.

Es wird oftmals mangelnde Empathie beklagt. Klar, da kann ich mir an die eigene Nase fassen. Aber jeder von uns ist schon ausgerastet, wenn dumme Menschen etwas dummes und möglicherweise sogar Gefährliches sagen.

Der Holocaust lässt sich mit nichts vergleichen als dem Holocaust. Nicht mit einer Beschneidung und nicht mit einem Beschneidungsverbot.

Ich hoffe meine Position wird jetzt klarer.

P.S.: Aus einer Diskussion von Tweets selektiv eine Person sinnentstellend zu zitieren und den Kontext auszublenden, spricht meiner Meinung nach nicht für redliche Absichten.

Ingrid Matthäus-Maier: „Mit Glauben ist kein Staat zu machen“

Ingrid Matthäus-Maier (Beiratsmitglied der Giordano-Bruno-Stiftung) hat in einem Artikel in der Financial Times Deutschland Deutschland klargestellt, wie abgefuckt das Verhältnis von Staat und Kirche in Deutschland ist.

Viele Dinge wusste man schon, andere waren auch mir neu:

Da reibt man sich doch verwundert die Augen: In der Weimarer Reichsverfassung von 1919 gibt es einen Artikel 138, der in unser Grundgesetz übernommen worden ist. Danach sind die Staatsleistungen an die Religionsgesellschaften abzuschaffen.

Hört, hört! Für den Beschluss einen Gesetzesentwurf für die Beschneidung von Jungen vorzulegen brauchte es genau sechs Wochen.

Die enge Verbindung zwischen Staat und Kirche findet sich in vielen Lebensbereichen. In der Steuerpolitik mischen sich die Kirchen immer schon kräftig ein, weil sich die Kirchensteuer nach der Lohn- und Einkommensteuer richtet. Aus meiner Zeit als Vorsitzende des Finanzausschusses des Bundestages kann ich ein Lied davon singen, dass die Kirchen bei Steueränderungen sich nicht schämten, Steuersenkungen für Kleinverdiener und Kinder zu torpedieren: Ihr Kirchensteueraufkommen würde dann ja auch sinken.

WTF?!

Spätestens in dem Fall der Königswinterer Kindergartenleiterin konnte endlich einmal als glatte Unwahrheit die Behauptung der Kirchen entlarvt werden, dass sie die Kirchensteuer benötigten, weil sie so viel Geld in ihre soziale Einrichtungen steckten. Die Öffentlichkeit nahm erst erstaunt, dann empört zur Kenntnis, dass der Beitrag der Kirche zu diesem Kindergarten exakt bei null liegt. Das bedeutet null Prozent Beteiligung an den Kosten und trotzdem 100 Prozent Oberhoheit über das Privatleben der Beschäftigten. Als das ruchbar wurde, kündigte die Stadt Königswinter den Vertrag mit der katholischen Kirche.

Und das ist nicht etwa die Ausnahme. Nein, das ist Standard in Gottesstaat Deutschland.

Der Artikel enthält noch eine Menge weiterer Ungeheuerlichkeiten, daher sollte den Jeder mal gelesen haben.