Wenn man in einem freien Land auf diesem Planeten auf die Menschen zugeht, und sie fragt, was denn ein Antisemit sei, so erhält man vielleicht die Antwort, es handele sich dabei um einen Menschen der Juden diskriminiert, sie hasst, oder sogar verfolgt.
Leider leben wir in Deutschland in diesem Sinne leider in keinem freien Land. Bei uns gilt bereits Jemand als Antisemit, der den mehrheitlich jüdisch geprägten Staat argumentativ kritisiert, oder der Witze über Juden erzählt. Oh, und natürlich gelten Diejenigen als Antisemiten, die das selbstauferlegte „no critics“ Dogma in Frage stellen. So wie ich.
Kritik am Staate Israel
Wir Deutschen, quasi als „Erben einer Schuld“, hatte schon von jeher aus ganz logischen Gründen eine außergewöhnliche Bindung an den Staat Israel. Wäre ein „Judenstaat“ (in dem 20% der Bewohner keine Juden sind) im Dritten Reich noch der pure Albtraum der deutschen Diktatur gewesen, verkehrte es sich logischerweise mit dem Aufkeimen der deutschen Demokratie. Der Staat Israel wurde in den letzten 50 Jahren quasi zur Bestätigung des Judentums mit seinen Wurzeln, zumindest aus deutscher Sicht. Ein Ja zu Israel wurde zum Ja zum Judentum. Daher wurde der deutsche Umkehrschluß (Kritik an Israel, Kritik am Judentum) quasi zum Automatismus. Dieser fatale Umkehrschluß läßt Israel zu einem Stereotyp verkommen. Sagt ein Deutscher ein Mal das Wort „Israel“, so hat er vorher drei Mal das „Juden“ gedacht. Und so verschwimmen die Begriffe im Geiste zu „Judenisrael“ und „Israeljuden“.
Wie also kann ein kritischer Deutscher die Verfehlungen des Staates Israel aufzeigen, ohne als Antisemit darzustehen?Wie kann sich ein deutscher Pazifist gegenüber dem kriegerischen Israel äußern, wo beginnt das Vorgehen eines Menschenrechtlers gegen den Teil des israelischen Staates, der Menschenrechte mißachtet?
Judenwitze
Judenwitze sind heikel, daher so unbeliebt bei der politisch korrekten Kaste der sich Intellektualisierenden Deutschlands. Judenwitze waren und sind am häufigsten die Kennzeichen für Hass, Diskriminierung oder gar Verfolgung, welche den Antisemitismus so ausmachen. Es gibt ungefähr so wenige Juden in Deutschland, wie es Buddhisten gibt, daher kann man beinahe sicher sein, dass ein Judenwitz antisemitisch gemeint ist.
Das muß er aber nicht per se sein, denn es gibt in Deutschland eine sehr ausgeprägte Kultur von Witzen gegen Christen sowie christliche Stereotype.
Meine persönlichen Favoriten sind die Comicbücher „Es ist ein Arschloch, Maria“ und „Du bist ein Arschloch, mein Sohn.“, in denen der christliche Heiland als nichtsnutziges Arschloch, Maria als herumvögelnde Hure und Josef als nichts peilender, betrogener Ehemann darsteht. Härtester Tobak, also. Ähnliches gilt für die Witze und Comics zum Thema Kindesmißbrauch und katholische Kirche.
Niemand würde hier von einem „antichristlichen“ Hintergrund ausgehen, denn meist sind die Witzeerzähler selbst Christen, oder kennen das christliche Umfeld.
Ich bin sicher: Judenwitze können lustig sein, ohne zu diskriminieren. Allerdings erwarte ich wirklich lustige Judenwitze eher von einem Juden, als von einem Mitglied dieser jüdischen Sekte. Die besten Judenwitze habe ich persönlich übrigens bei den SIMPSONS im Vorabendprogramm von Pro Sieben gesehen.
Das „no critics“ Dogma
Die einfachste Art und Weise sicherzustellen, dass über ein Thema nichts Falsches gesagt wird ist, es einfach auszuklammern. Wer über einen Juden nicht negativ reden darf, ohne als Antisemit darzustehen, wird es schlicht und ergreifend nicht mehr tun. Der Vorteil dieses Dogmas liegt auf der Hand: man vermeidet ein Aufkeimen von Antisemitismus in der Gesellschaft, da bereits normale Kritik ein heißes Eisen ist. Je größer die Durchdringung dieses unbewußten Dogmas, desto besser. Auch an vermeintlich aufgeklärten Geistern macht dieses Dogma nicht Halt: jeder Text über Israel, wird mit unter dem Filter dieses Dogmas geschrieben und gelesen. Auf dass nur kein Hauch von Antisemitismus darin bleiben möge. Im Gehirn macht sich auf diese Art und Weise ein „Achtung, Juden!“ Effekt breit, der uns daran hindert, Juden als völlig normale Menschen zu sehen, so lange wir sie nicht persönlich kennen. Juden sind eben ähh… Juden.
Entkommen aus der Sackgasse
Wann also wird man einem Pazifisten abnehmen, dass er Israel nicht aus antesimitischen Gefühlen heraus kritisiert?
Was muß der Menschenrechtler tun, um glaubhaft zu machen, es ginge ihm tatsächlich um Menschenrechte, und nicht um die Diskreditierung von Juden?
Im Moment ist es so, dass ein Pazifist ein T-Shirt mit Peace-Zeichen und eine PACE-Regenbogenflagge hinter sich benötigt, um in der Hinsicht ernst genommen zu werden. Und der Menschenrechtler braucht am Besten einen dicken Bart und einen Button von amnesty international mit Brief und Siegel. Denn diese bildlichen Stereotype sind derzeit noch stärker, als Jenes, dass jegliche Kritik an Israel mit Antisemitismus gleichzusetzen ist.
Konkret wird man aus dieser Sackgasse nur herauskommen, wenn man das „no critics“ Dogma bekämpft, und sich Deutschland auch auf höherer Ebene, z.B. durch die Regierung, traut konstruktive Kritik am Staate Israel zu äußern. Letztendlich ist ein besserer Freund derjenige, der einem in den Arm fällt, wenn man einen Fehler zu begehen versucht.
Die Israelis werden es uns danken, denn besonders die kritischeren israelischen Bürger wünschen sich schon lange mehr Rückhalt auch aus Deutschland, wenn es um Israels Fehler geht.
P.S.: Dieser Artikel enthält 26 Mal das Wort „Jude“, „Juden“, etc.
Mit bitte um Bewertung auf der Antisemitismus-Skala: 10 Punkte = absolut antisemitisch; 1 Punkt = nicht antisemitisch