Google Street View FAQ [Update]

Gefunden im Heise-Forum, das Google Street View FAQ:

(Edit: der Autor hat das FAQ mittlerweile upgedated, ich setze das in Version 2.1 hier rein)

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Google-Streetview-FAQ 2.1

Vorab: Noch kein Gericht in Deutschland hat speziell über SV
(Streetview) entschieden. Die folgenden Ausführungen beziehen
sich auschließlich auf die bisherige Rechtssprechung zu anderen
Fällen und die derzeit gültige Gesetzeslage.

Diese FAQ stelle ich hier ein, damit die endlosen und absolut
sinnlosen Diskussionen über die Höhe des Kameraturms der Street-
view-Autos endlich aufhören. Nach gängiger Rechtssprechung
handelt es sich bei üblichen Wohnhäusern, die lediglich das
bekannte architektonische Formenrepertoire wiederholen und
nicht aus der Masse des alltäglichen Bauschaffens herausragen,
nicht um urheberrechtlich geschützte Bauwerke [1]. Damit spielt
die Panoramafreiheit in der Diskussion über SV keine wesentliche
Rolle, da die meisten Häuser, die SV fotografiert, nicht
urhebberrechtlich geschützt sein dürften. Somit findet das
UrhG im Regelfall auch keine Anwendung.

Verbesserungsvorschläge oder Änderungswünsche werden gerne
entgegengenommen.

F1: Was ist die Panoramafreiheit?

A1: Die Panoramafreiheit (§59 UrhG) gestattet es jedem, urheber-
rechtlich geschützte (Bau-) Werke mit Mitteln der Malerei oder
Graphik, durch Lichtbild oder durch Film zu vervielfältigen. Bei
Bauwerken erstrecken sich diese Befugnisse nur auf die äußere
Ansicht. Der Aufnahmestandpunkt muss zudem allgemein ohne Hilfs-
mittel zugänglich sein.

F2: Ist die Panoramafreiheit die legitimierende Rechtsgrundlage
für Streetview?

A2: In aller Regel nicht, sondern nur dann, wenn SV urheber-
rechtlich geschützte Bauwerke fotografiert. Da SV überwiegend
nicht urheberrechtlich geschützte Bauwerke fotografiert, gelten
auch nicht die besonderen Bedingungen des §59 UrhG. Das Recht
im öffentlichen Raum zu fotografieren ergibt sich dann einfach
aus der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Artikel 2 GG. Dieses
Recht erlaubt es jedem, in Entfaltung seiner Persönlichkeit
alles zu tun, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und
nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz
verstößt.

Das heißt, es gibt beim Fotografieren nicht urheberrechtlich
geschützter Bauwerke auch keinerlei Einschränkungen was die
technischen Hilfsmittel betrifft, so daß auch die Aufnahmehöhe
keine Rolle spielt. Die Fotos müssen jedoch nach geltender
Rechtssprechung von einer allgemein zugänglichen Stelle gemacht
werden und dürfen keine Persönlichkeitsrechte (F8) verletzen.
Allgemein zugänglich sind in jedem Fall öffentliche Straßen,
teilweise aber auch Privatbesitz wie z.B. gemeinschaftlich
benutzte Zugangswege. Parks oder unmittelbar an die Straße
grenzende Stellplätze. Auch der öffentliche Luftraum gehört
zum allgemein zugänglichen Raum, da prinzipiell jedermann
diesen mit bemannten oder unbemannten Fluggeräten benutzen
darf.

Der Vollständigkeit halber sei angeführt, daß die Grenzen des
Erlaubten in §201a StGB dargestellt sind. Demnach dürfen keine
Fotos von Personen gemacht werden, die sich innerhalb einer
Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum
befinden. Ob ein zur Straße gelegener Vorgarten als ein gegen
Einblick besonders geschützter Raum angesehen werden kann, ist
äußerst fragwürdig, selbst dann, wenn eine Hecke oder ein Zaun
vorhanden ist. Hinzu kommt, daß §201a StGB ein Vorsatzdelikt
ist und ohnehin nur dann als verwirklichter Straftatbestand
in Betracht zu ziehen wäre, sollte jemand absichtlich und
gezielt die persönlichen Lebensumstände einer bestimmten
Person ausforschen (Stalker, Paparazzo).

F4: Darf man Menschen im öffentlichen Raum fotografieren?

A4: Bei der Aufnahme öffentlicher Straßenansichten mit
Weitwinkelobjektiven, darf man davon ausgehen, daß zufällig
mit abgelichtete Personen sogenanntes Beiwerk im Sinne des
§ 23 KUG sind. Danach dürfen ohne Einwilligung Bilder zur
Schau gestellt werden auf denen die Personen nur als Beiwerk
neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen.

F5: Muß man die Personen unkenntlich machen?

A5: Nein. SV macht es dennoch.

F6: Gibt es ein Recht auf das eigene Bild?

A6: Ja. Eine Person hat das Recht auf das eigene Bild und
kann der Aufnahme und der Veröffentlichung eines Fotos von
sich grundsätzlich widersprechen, sofern sie das Hauptmotiv
des Fotos ist oder auf diesem besonders im Vordergrund steht.
Das Recht auf das eigene Bild entfällt in den Fällen des
§ 23 KUG, da hier das öffentliche Interesse am freien Foto-
gafieren über dem Einzelinteresse steht und ein Fotografieren
im öffentlichen Raum ansonsten verunmöglicht würde.

F7: Gibt es ein Recht auf das Bild seines Eigentums?

A7: Nein. Sowohl für urheberrechtliche geschützte Eigentümer
[2] als auch für nicht urheberrechtlich geschützte Eigentümer
[3] haben die Gerichte ein Recht auf das Abbild des Eigentums
verneint. Das heißt, daß ein Eigentümer weder das Fotografieren
seines Eigentums, noch das Veröffentlichen oder das kommerzielle
Verwerten der Fotos verbieten darf. Einleuchtende Begründung
des Gerichts:

„So würde das Eigentum an einer Sache dazu führen, da nahezu
die gesamte Erdoberfläche unter Eigentümern aufgeteilt ist,
dass risikofreies Fotografieren nur noch in den eigenen vier
Wänden und auf hoher See möglich wäre.“

F8: Verletzt das Veröffentlichen einer Hausfassade und der
Adresse das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Eigentümers
oder des Bewohners?

A8: Solange der Name des Eigentümers oder Besitzers in der
Veröffentlichung nicht genannt wird, verneinen die Gerichte
in ihrer bisherigen Rechtssprechung die Verletzung des all-
gemeinen Persönlichkeitsrechts [4]. Und obwohl die Gerichte
uneins darüber sind, ob das Foto eines Hauses zuzüglich der
Adresse ein personenbezogenes Datum i.S. des § 3 BDSG dar-
stellt, sind sie sich in der Frage einig, daß das Persönlich-
keitsrecht nicht verletzt wird. Hier ein Beispiel:

„Durch die Aufnahme und gewerbliche Weiterverbreitung von
Abbildungen der Außenansicht des Wohngebäudes des Klägers
wird dabei nur der Teilbereich seines Persönlichkeitsrechtes
berührt, der ohnehin der Öffentlichkeit zugewandt ist und
deshalb von vornherein allenfalls einen sehr begrenzten
deliktischen Schutz genießen kann.“ [5]

Diese Meinung vertritt sogar das BVerfG:

„Dementsprechend verneinen die Fachgerichte eine Beein-
trächtigung des Persönlichkeitsrechts, sofern die Abbildung
des Anwesens nur das wiedergibt, was auch für den vor Ort
anwesenden Betrachter ohne weiteres zutage liegt (vgl. BGH,
NJW 1989, S. 2251 <2253>; OLG Brandenburg, NJW 1999,
S. 3339 <3340>; OLG Bremen, NJW 1987, S. 1420 <1421>;
OLG Celle, MDR 1980, S. 311).“ [6]

Auch die informationelle Selbstbestimmung als ein Ausprägung
der allgmeinen Persönlichkeitsrechte, wird nach gängiger Recht-
sprechung nicht verletzt, da die informationelle Selbstbe-
stimmung des Einzelnen in seiner sozialen Stellung innerhalb
der Gesellschaft nicht grenzenlos sein könne und er verpflichtet
sei, eine ihn nicht unangemessen stark belastende Preisgabe
und Verwertung personenbezogener Daten im überwiegenden
Allgemeininteresse oder auch im gleichrangigen Interesse
Dritter hinzunehmen [5].

F9: Ist es ein Unterschied ob man ein oder viele Fotos macht?

A9: Über Google SV sind noch keine Gerichtsurteile gefällt
worden. Es existieren aber auch keine Gesetze, die einen
Unterschied zwischen dem Fotografieren eines Gebäudes oder
mehrerer Gebäude, ganzer Straßenzüge oder gar einer ganzen
Stadt machen. Insofern kann davon ausgegangen werden, daß,
solange es kein spezielles Streetview-Gesetz gibt, es aus
rechtlicher Sicht keinen Unterschied macht, ob man ein-
oder viele Fotos macht. Bislang gibt es zu einem vergleich-
baren Dienst aber bereits ein Urteil des VG Karlsruhe.

Leitsatz:

„Eine Gebäudedatenbank, bei der die Außenansichten der Wohn-
gebäude von Straßenzügen in größeren Städten fotografisch
erfasst und auf einer CD-ROM zusammengestellt werden, ver-
letzt weder das Eigentumsrecht des Anliegers, noch dessen
allgemeines Persönlichkeitsrecht, insbesondere das Recht
am eigenen Bild und auf informationelle Selbstbestimmung;
auch datenschutzrechtliche Vorschriften werden nicht
verletzt.“ [7]

[1]
http://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=2042
[2]
> 5 U 143/09
[3]
> I ZR 54/87
[4]
http://medien-internet-und-recht.de/volltext.php?mir_dok_id=2042
[5]
http://www.jurpc.de/rechtspr/20000005.htm
[6]
http://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rk20060502_1bvr050701.html
[7]
http://www.jurpc.de/rechtspr/20010080.htm

Euer Kressmann

Quelle: heise-Forum, Benutzer Kressmann.