Überwachung in Giessen – „belastende“ Videobeweise nicht verwertbar?

Das Thema “Videoüberwachung öffentlicher Räume” ist in Gießen genau wie sicher in anderen Städten ein schier endloses Thema. Dass die Ausweitung der Videoüberwachung nichts bringen wird, darüber muß man sich nicht streiten, es ist ein Fakt. In London hängen 500.000 Videokameras in öffentlichen Räumen, jeder Londoner Bürger wird im Schnitt 300 Mal am Tag von einer Videokamera gefilmt, und das hat die Anschläge nicht verhindert, sondern nur schöne Bilder geliefert.

Um nach Gießen zurückzukommen: Im Verfahren gegen einen vorbestraften Gießener Politaktivisten könnte der Staatsanwaltschaft bei dem “Beweismittel Videoüberwachung” jetzt die Puste ausgehen. Der Hintergrund: im Dezember 2003 beschmierte ein Unbekannter das Amtsgericht Gießen mit Parolen, und wurde dabei “schemenhaft” abgefilmt.

Doch noch ist nicht klar, ob die Videoaufzeichnungen überhaupt juristisch verwertet werden dürfen. Vor dem Gutachten hatte der 42-Jährige erklärt, die Videoüberwachung sei rechtswidrig gewesen und daher im Verfahren gegen ihn nicht verwertbar. Da die Videoaufzeichnungen in einem öffentlich zugänglichen Bereich gefertigt worden seien, hätte dies nach geltendem Recht durch Hinweisschilder gekennzeichnet sein müssen. Und genau dies zweifelt der Angeklagte in einem Beweisantrag an. Da weder Gericht noch Anklagevertreter diese Behauptung entkräften konnten (…)

Der Fall selber ist eher als Justizposse einzuschätzen. Ein erklärter Feind der staatlichen Justiz ansich, der bei indymedia fleissig Artikel schreibt, und sich wegen kleinlicher Dinge zum Robin Hood der Stadt Gießen aufschwingt auf der einen Seite, ein erzreaktionärer Staatsapparat, der von Anfang an nur gegen eine Person ermittelt hat auf der anderen. Lächerlicher gehts kaum.

Dennoch: dieser besondere Aspekt der Videoüberwachung in öffentlichen Räumen ist einer näheren Betrachtung wert.

[via Moe, Gießener Anzeiger, indymedia]

Update:
Am Rande noch ein “Fahndungsplakat” der Initiative “Pro Polizei Rödgen”, ganz einfach weil ich so darüber lachen(?) musste. Man achte auf das kleine Wort im unteren Teil des Plakats. Klar. Projektwerkstatt Saasen ist die Gießener Al Qaida.


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P.S.: Ah, jetzt ist der „Witz“ bei mir angekommen. Eine „Pro Polizei Rödgen“ gibts nämlich gar nicht. Naja, nicht sehr lustig. Aber zutrauen würde ich das unseren erzreaktionären Kräften in GI schon.